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Der lange Leidensweg mit HAE

Wie HAE diagnostiziert wurde, daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich weiss nur noch, dass mein Erbrechen und meine Bauchkrämpfe schnell mit HAE in Verbindung gebracht wurden, weil in meiner Familie, bei meinem Vater und Bruder, HAE schon aktiv war. Später ist bei einem weiteren Bruder und einer Schwester HAE ausgebrochen.

Meine Schulzeit habe ich nicht in guter Erinnerung. Durch mein vieles krankheitsbedingtes Fehlen wurde ich viel gehänselt und immer wieder musste ich mir anhören, ich sei nur zu faul in die Schule zu gehen. Trotz allem „biss“ ich mich durch, in der Hoffnung, dass es nur besser werden kann.
Aber als es endlich soweit war in das Berufsleben einzusteigen, kam alles anders als ich dachte. Es folgte eine Zeit, in der mich HAE kaum mehr los liess. 1 bis 2 Mal, manchmal 3 Mal im Monat musste ich im Spital mit FFP behandelt werden. Jedes Mal musste ich 3 – 4 Tage zur Beobachtung dort bleiben. An die Arbeit war so fast nicht mehr zu denken, denn wer will jemanden anstellen, der mehr krank ist als arbeitet.Für die Ärzte war ich damals ein grosses Problem. Sie wussten nicht, wie weiter behandeln, dass es mir endlich besser geht. Ca. 1989 fassten wir neue Hoffnung. Endlich erfuhren wir von einem neuen Medikament mit dem Namen Berinert. Am Anfang waren wir sehr vorsichtig, denn niemand wusste Bescheid, wie dieses Berinert wirkt, aber es klappte sehr gut. Die Attacken wurden so schneller abgebaut, auch die Häufigkeit der Anfälle konnten wir dank Berinert etwas verringern.
Der Wunsch nach eigenen Kindern wurde bei mir von den Ärzten nicht gut aufgenommen. Ich musste mir immer wieder anhören, mit dieser Krankheit sollte man keine Kinder haben. Trotz allem bekam ich zwei Kinder. Beide Schwangerschaften verliefen nicht besonders gut, immer wieder traten heftige Oedeme an verschiedenen Körperteilen auf. Leider wussten die Ärzte zu wenig Bescheid, wie sie HAE während einer Schwangerschaft behandeln sollten. Mit grosser Unsicherheit verabreichten die Ärzte mir ein paar Mal Berinert nach einer starken Bauchattacke. Kurze Zeit nach der Spritze merkte ich, wie der Bauch sich nicht mehr so hart anfühlte. Die Angst, dass während einer Bauchattacke, etwas mit dem Kind passsieren könnte, war gross. Umso mehr war ich erleichtert, wenn ca. 2 – 3 Std. nach der Spritze alles wieder in Ordnung war. Alle waren sehr froh, dass beide Kinder „gesund“ zur Welt kamen. HAE testete man damals leider nicht nach der Geburt. Es hiess, man kann HAE erst testen, wenn die Kinder 5 Jahre alt sind. Heute weiss ich, dass man bereits kurz nach der Geburt einen Test mit Nabelschnurblut machen kann. Das jüngere Kind war noch nicht einmal zwei Jahre alt, als sie das erste mal beide Hände geschwollen hatte. Immer wieder ist Bettina von einem HAE-Anfall betroffen. Tobias, der ältere, liess ich vor dem Schuleintritt testen. Auch bei ihm wurde HAE diagnostiziert, aber es ist zum Glück bis jetzt noch nicht ausgebrochen.
Mit meinen Kindern hatte ich plötzlich ein Problem, die HAE-Attacken im Spital behandeln zu lassen. Ich konnte nicht einfach 3 – 4 Tage im Spital bleiben. Was sollte ich in dieser Zeit mit den Kindern machen? Von da an liess ich mir bei einer Attacke Berinert von meinem Hausarzt spritzen. Ich hatte immer 2 – 4 Packungen Berinert für den Notfall zu Hause im Kühlschrank. Im Dezember 2001 lernten mein Mann und sogar ich das Berinert selber zu spritzen. Ich bin froh, diesen Schritt gemacht zu haben. Jetzt muss ich nicht mehr einen Arzt zu unmöglichen Zeiten stören. Ich kann mir den richtigen Zeitpunkt zum Spritzen selber aussuchen. Das hat auch den Vorteil, dass ich nicht mehr so lange warte und unnötig leiden muss.

Autorin Paula Hunkeler